In der Tat: Menschen, die an sich arbeiten, wissen, wie sich durch körperliche Aktivität ein negativer seelischer Zustand wie Niedergestimmtheit, Arbeitsunlust, Depression rasch beheben lässt. An einem noch so drückend-heißen Sommertag macht einen ein erfrischendes Bad mit intensivem Schwimmen wie neugeboren. Und schon wenige Minuten flotter körperlicher Bewegung erreichen einen ganz ähnlichen Effekt. Sofort stellt sich ein Gefühl der Befreiung und des gesteigerten Selbstvertrauens ein: Die kritische Phase ist überwunden.

Speziell die Angst gibt uns  ein treffliches Beispiel ab. Sie kann einen jähen Schweißausbruch bewirken, im besonderen kalten Schweiß auf die Stirn treiben, kalte Schauer den Rücken hinabjagen und die Glieder buchstäblich erstarren lassen, so dass ein lähmungsähnlicher Zustand eintritt. Oft ist dies mit einer eigenartigen Leere im Gehirn, einer Art Bewusstseinstrübung verbunden, denn die Angst verengt sofort die Blutgefäße bis hin zu den Kapillaren und bewirkt Stocken des Kreislaufs und des Atems. Jäh einsetzende Angst kann bekanntlich den sofortigen Tod herbeiführen. Welcher erfahrene und selbstkritische Autofahrer kennt nicht die sofortige Versteigung bzw. Verkrampfung seiner Bauchdeckenmuskulatur, wenn plötzlich eine echte oder vermeintliche Gefahrensituation auftaucht? Es braucht jemand nur von einer Situation zu erzählen, die ihn mit Angst oder Furcht erfüllte, und schon lassen sich solche und ähnliche Erscheinungen beobachten. Hierin liegt auch der tiefe Sinn, dem Feind vor dem Kampf zuerst gehörige Angst einzujagen - bis hin zu Cassius Clays Geschrei „I am the greatest". (Natürlich spielt hier auf der anderen Seite noch die positive Auswirkung der Selbstsuggestion mit.) Die Geschichte zeigt uns, wie verheerend sich der Ruf der Unbesiegbarkeit einer Armee auf jeglichen Feind auswirken kann. Doch das nur am Rande.

Den innigen
Zusammenhang von Leib und Seele kann der, der seine Augen davor nicht zumacht, tausendfältig beobachten und erleben. Nur noch wenige Hinweise auf grundsätzlich wichtige Erscheinungsformen:

Die aufrechte Seele kann nur in einem (echt, nicht gemacht) aufrechten Körper wohnen.
- Nur das Stehen auf dem gesamten Fuß und nicht nur auf den Fersen gibt einen festen Stand, körperlich und seelisch-geistig („Standfestigkeit").
- Der Mensch mit Hohlkreuz oder mit krummem Rücken kann in seinem Selbstgefühl nicht verglichen werden mit dem , der einen geraden Rücken zeigt.
- Gewohnheitsmäßig hochgezogene Schultern künden von ständiger geistiger Abwehrhaltung aus Angst- oder Minderwertigkeitsgefühlen.
- Auch das Denken hängt, wie Feldenkrais zeigt, eng mit der körperlichen Motorik zusammen. Vor allem mit dem motorischen Sprechen, d.h. mit der Ausprägung der Worte durch die Sprechwerkzeuge. Besonders auch das Zählen und die Abstrahierung in der Zahl werden durch die körperliche Technik des Sprechens stark gefördert.
- Hochinteressant sind die zweifelsfreien Ergebnisse physiognomischer Forschungen, wobei sich der Münchner Psychologe Philipp Lersch durch seine systematischen Untersuchungsreihen bleibende Verdienste erworben hat. Um hier nur zwei ganz einfache Beispiele zu bringen: Heruntergezogene Mundwinkel zeigen unweigerlich eine unfrohe, traurige bzw. missmutige Stimmungslage. Grund: Der risorius (Lachmuskel), der die Mundwinkel bei jedem Lachen in Richtung Ohren hinaufzieht, ist mangels Gebrauchs mehr oder minder verkrümmt. Oder die von Lersch so genannte Empfindlerfalte, die sich durch ständiges Einnehmen der Unangenehmen-Geschmacksreaktion (Naserümpfen) im Laufe der Jahre unweigerlich an den Nasenflügeln eingräbt.
- Sexuelle Störungen, insbesondere die psychische Impotenz des Mannes: Wo ausschließlich die seelische Angst vor dem Versagen trotz verzweifelter Gegenwehr von Verstand und Wille das körperliche Versagen herbeiführt. Hier zerreißt gleichsam durch die Angst das komplizierte Netz von angeborenen und erworbenen Reflexen, das sonst den normalen körperlichen Verlauf der geschlechtlichen Erregung bewirkt. Deshalb kann sich eine Heilung auch nur durch das Ausräumen der Angst einstellen.
- Wie oft hat der unbändige Lebenswille, weil er auch die allerletzten Kraftreserven des Körpers mobilisierte, einen hoffnungslos schwerverwundeten Soldaten doch noch durchkommen lassen! Der Geist, die Seele kann dem Körper bei jedem Heilungsprozess helfen - oder ihn hemmen, wenn nicht unmöglich machen.

Viele Gefühlsregungen sind mit der Erweiterung oder Verengung der Blutgefäße verbunden. Das vegetative Nervensystem vergrößert oder verkleinert ihren Querschnitt. Die Ursache kann körperlich sein wie Wärme und Kälte oder seelisch wie Scham (Erröten) oder Angst, Schrecken, Ekel (Erbleichen).

Seelische Verspannungen sind gekoppelt mit körperlichen Verspannungen. Bei nervöser Erregung steigt zum Beispiel sofort der Blutdruck, weil sich die Blutgefäße zusammenziehen. Dadurch wird die Durchblutung des Herzmuskels verringert, was zu dem gefürchteten Druck in der Herzgegend führt. Außerdem wird die Verdauung in Mitleidenschaft gezogen. Ebenso die Funktion der nach innen wirkenden Drüsen (des Endokrinums). Das ist durch zahlreiche Experimente zweifelsfrei erhärtet. Die Folge sind oder können sein: Kopfschmerz und Abgespanntheit, Durchblutungsstörungen, krankhafte Veränderungen des Körpergewichts nach beiden Richtungen, Beklemmungen und Angstzustände, außerdem sexuelle Störungen und frühzeitiges Altern.

Auch die für unsere Zeit so typischen Krankheitssymptome von Magen-Leber-Galle gehören zum großen Teil hierher. Der enge Zusammenhang zwischen Stress und ständigem Ärger mit Magengeschwüren und Gallenerkrankungen ist ja sprichwörtlich. Neuerdings wurde an der Hals-, Nasen- und Ohrenklinik der Universität Wien nachgewiesen, dass auch viele der ständig zunehmenden Allergien psychisch ausgelöst sind. Zum Beispiel können Streit und seelischer Druck schnupfenähnliche Symptome hervorrufen.

So sind körperliche, also Muskelverspannungen oft die Begleiterscheinung von seelischen Verspannungen. Das kann zu Störungen in der Durchblutung des Herzens und schließlich zum Herzinfarkt oder zu Schädigungen am Knochenbau, vor allem an der lebenswichtigen und empfindlichen Wirbelsäule führen, weil die Muskelstruktur sich gemäß der seelischen Verspannung verändert.
Der eine Muskel wird vom Bindegewebe durchsetzt, der andere wird kürzer und dicker, ein dritter in seinem Gewebe härter und bewegungsunfähig. So verändert sich z. B. die Körperhaltung bis zu ihrer Fixierung. Die freie Bewegungsmöglichkeit wird reduziert, körperlich und seelisch. Auch die seelische Reaktion wird eingeengt. Sie erstarrt zu einem begrenzten Verhaltensmuster.

Zurück

Weiter

Home | Gesamtübersicht | Bestellformular